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Woche der Menschenrechte

Woche der Menschenrechte

Um die Aufmerksamkeit auf die vielen mutigen Menschen zu richten, die trotz Unterdrückung, drohender Inhaftierungen und unter Einsatz von Leib und Leben für Grundrechte in ihren Ländern eintreten, führt die Landesregierung die Woche der Menschenrechte durch.

Kriege und Konflikte in vielen Teilen der Welt sorgen dafür, dass Menschenrechte immer häufiger in Gefahr geraten. Autokraten schränken Grundrechte ein und inhaftieren Kritiker, Frauenrechte werden teils systematisch unterdrückt. Um die Aufmerksamkeit auf die vielen mutigen Menschen zu richten, die trotz Unterdrückung, drohender Inhaftierungen und unter Einsatz von Leib und Leben für Grundrechte in ihren Ländern eintreten, führt die Landesregierung in diesem Jahr zum ersten Mal eine Woche der Menschenrechte durch. Vom 4. bis zum 10. Dezember 2023 gab es ein breites Programm mit Podiumsdiskussionen, Ausstellungen sowie einem Filmabend geben, um so Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu bieten, sich über die Menschenrechtslage in einzelnen Ländern zu informieren und sich darüber auszutauschen.

Im Jahr 2023 feiert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ihr 75-jähriges Jubiläum. Am 10. Dezember 1948 haben die Vereinten Nationen sie verkündet, seither bildet sie die Grundlage für viele weitere internationale Übereinkommen, wie die Internationale Menschenrechtscharta oder die Europäische Charta der Menschenrechte. Der 10. Dezember wurde zudem zum Internationalen Tag der Menschenrechte ausgerufen.

Vorstellung Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten

Zum Auftakt der Woche der Menschenrechte erhalten sieben Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und mit Hilfe verschiedener Stipendienprogramme ihre Arbeit nun von Nordrhein-Westfalen aus fortsetzen, die Möglichkeit, ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Dazu haben Minister und Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski und Ministerin für Flucht und Integration Josefine Paul zum Pressegespräch eingeladen. Beim Gespräch wurde deutlich, welchem Druck Menschen ausgesetzt sind, die Missstände in ihrer Heimat öffentlich machen. Unter anderem waren alle Aktivisten gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, und haben in vielen Fällen keine Rückkehrperspektive. Die Minister informierten sich über die Lage in den Herkunftsländern der Aktivistinnen und Aktivisten sowie über deren Arbeit von Deutschland aus.

Die Gesprächsteilnehmerinnen und Teilnehmer sind:

Schriftstellerin und Aktivistin
Stella Gaitano ist eine bekannte südsudanesische Schriftstellerin und Aktivistin. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sie Kurzgeschichten, Romane und journalistische Artikel über die Auswirkungen von Krieg und Vertreibung in ihrem Heimatland veröffentlicht. Ihr Roman Eddo’s Souls wurde 2020 mit dem PEN Translates Award ausgezeichnet. Nach der Spaltung des Südsudan vom Sudan wurde Stella Gaitano staatenlos und verlor daraufhin ihre Arbeit. Nach ihrer Umsiedlung in den Südsudan wurde sie aufgrund ihrer Kritik an der südsudanesischen Regierung sowie ihrer Tätigkeiten als Kultur- und Menschenrechtsaktivistin zur Zielscheibe von Hetze, Drohungen und tätlichen Angriffen. 2016 zog sie wieder in den Sudan, wo sie erneut staatlicher Unterdrückung ausgesetzt war: Sie wurde in Gewahrsam genommen, durfte weder schreiben noch reisen und die Verbreitung eines ihrer Bücher wurde verboten. Seit Juli 2022 ist Stella Gaitano Stipendiatin des Writers-in-Exile-Programms des PEN-Zentrum Deutschland e.V.

Dichter und Journalist
Farhad Jahanbeigi, ein kurdischer Dichter und Journalist aus dem Iran, wurde wegen seiner literarischen, journalistischen, sozialen und politischen Aktivitäten wiederholt von iranischen Sicherheitsbehörden festgenommen und inhaftiert. Im Jahr 2015 wurden ein Sammelband mit von ihm verfassten kurdischen und persischen Gedichten sowie weitere Manuskripte bei einer Razzia in seinem Haus beschlagnahmt. Sie konnten nie im Iran veröffentlicht werden. Nach weiteren Verhaftungen und Morddrohungen gegen ihn und seine Familie floh er im Jahr 2018 mit seiner Familie in den Nordirak, wo die Bedrohungen und Angriffe andauerten. Seit April 2022 ist Farhad Jahanbeigi Stipendiat des Writers-in-Exile-Programms des PEN-Zentrum Deutschland e.V.

Schriftstellerin
Die iranische Schriftstellerin Azadeh Karami studierte zunächst Architektur und war nebenberuflich einige Jahre künstlerisch als Bloggerin und Fotografin tätig, bevor sie vor etwa sechs Jahren ihre schriftstellerische Tätigkeit begann. Keine ihrer zwölf Kurzgeschichten, die sie seitdem verfasst hat, wurde von der iranischen Zensurbehörde zur Veröffentlichung freigegeben. Seit Dezember 2022 ist Azadeh Karami Stipendiatin des Heinrich-Böll-Hauses in Langenbroich.

Schriftsteller und Journalist
Der irakische Schriftsteller und Journalist Mubeen Khishany ist Mitgründer und ehemaliger Herausgeber des irakischen Poesie-Magazins Masqa und arbeitete für die gesellschaftskritische „Al-Basheer Show“ von Deutsche Welle Arabia. Für seinen ersten Gedichtband „Aus der Hand des Trosts gerissen“ wurde er mit dem Al-Rafidain First Book Award ausgezeichnet. Als Host des Podcasts „Jawani“ (zu dt. Dystopie) präsentiert Mubeen Khishany Werke der jungen irakischen Künstlergeneration und thematisiert Themen wie Meinungsfreiheit und Menschenrechtsverletzungen. Nach Todesdrohungen floh er in die Türkei. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Qarib Journalism Award der französischen Entwicklungsagentur Agence Française de Développement ausgezeichnet. Seit April 2023 ist Mubeen Khishany Stipendiat des Writers-in-Exile-Programms des PEN-Zentrum Deutschland e.V.

Internationale Gastwissenschaftlerin an der Universität Osnabrück
Dr. Svitlana Mazepa ist Associate Professor am Fachbereich für Strafrecht und Strafprozessrecht sowie ehemalige Prodekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westukrainischen Nationaluniversität. Zuvor war sie mehr als zehn Jahre Oberinspektorin im Nationalen Zentralbüro von Interpol in der Ukraine.
Seit diesem Jahr ist Svitlana Mazepa Fellow der Cologne/Bonn Academy in Exile, die im Juni 2022 im Zuge des russischen Angriffskrieges von der Universität zu Köln und der Universität Bonn gegründet wurde. Zurzeit forscht sie als internationale Gastwissenschaftlerin und Stipendiatin der Volkswagen-Stiftung an der Universität Osnabrück zu Propaganda und Fake News als Mittel des Informationskrieges.

Filmemacher
Vahid Zarezadeh und Gelareh Kakavand sind iranische Filmemacher und haben bereits diverse Dokumentarfilme gedreht. Gemeinsam führten sie Regie bei „White Torture“, einem Dokumentarfilm der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi. Mohammadi, die selbst seit 1998 immer wieder willkürlich inhaftiert wurde, interviewte in einer Haftpause im Jahr 2021 ehemalige Gefangene, die der „weißen Folter“ ausgesetzt wurden. Bei dieser Foltermethode verbringen die Inhaftierten Wochen oder Monate isoliert in einer kleinen weißen Zelle ohne natürliches Licht oder Ton. Für den Dokumentarfilm wurden die beiden Filmemacher Vahid Zarezadeh und Gelareh Kakavand ebenfalls angeklagt und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ihr gesamtes Equipment wurde beschlagnahmt. Sie entzogen sich der Inhaftierung durch Flucht und leben nun als Stipendiaten der Martin Roth-Initiative für bedrohte Kunst- und Kulturschaffende in Deutschland. 2022 wurde „White Torture“ beim Geneva Human Rights Film Festival mit dem Grand Reportages Preis ausgezeichnet.

Filmabend Sieben Winter in Teheran

Der Filmabend „Sieben Winter in Teheran“ im Maxhaus Düsseldorf fand großen Anklang und wurde von Ministerin Paul mit einem Grußwort eröffnet. Der Film begleitet dokumentarisch den Leidensweg der 19-jährigen Reyhane Jabbari, die in Notwehr ihren Vergewaltiger erstach und dafür zum Tode verurteilt wurde, sowie das Martyrium ihrer für sie kämpfenden Familie. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion verdeutlichte die anwesende Mutter der hingerichteten Protagonistin sehr eindrücklich, dass das Schicksal ihrer Tochter exemplarisch sei für die vielen Hingerichteten, die seit Jahrzehnten dem iranischen Regime zum Opfer fallen. 

Ausstellung SENLIMA – Leben über Grenzen hinweg

Anlässlich der Filmvorführung des Dokumentarfilms "Sieben Winter in Teheran" am 6. Dezember im Düsseldorfer Maxhaus unter der Beteiligung von Frau Ministerin Paul wurde als Rahmenprogramm die Ausstellung „SENLIMA – Leben über Grenzen hinweg“ der Rosa Strippe e.V. in Auszügen präsentiert.

Als Rahmenprogramm sensibilisiert die Ausstellung „SENLIMA – Leben über Grenzen hinweg“ der Rosa Strippe e.V. für die besonderen Lebenslagen von LSBTIQ* Geflüchteten. Die Schautafeln mit Fotos und Texten dokumentieren die persönlichen Geschichten von sieben LSBTIQ* Geflüchteten: Die Berichte stehen stellvertretend für die Situation von Vielen, die in Deutschland Schutz, Sicherheit und Freiheit suchen. In kurzen Texten erzählen die sieben Personen aus dem Irak, dem Iran, aus Syrien und Marokko von ihren Erfahrungen im Heimatland, ihrer Flucht und ihrem Leben in Deutschland. Die Ausstellung ist ein starker Beitrag für die Wertschätzung von Vielfalt, die Achtung der Menschenwürde und gegen Homo- und Trans*feindlichkeit.

Schulministerin Feller besucht Menschenrechts-AG des Ricarda-Huch-Gymnasium in Krefeld

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller hat anlässlich der Woche der Menschenrechte der Landesregierung das Ricarda-Huch-Gymnasium in Krefeld besucht und dort den Amnesty-Truck auf dem Schulhof besichtigt und sich mit Schülerinnen und Schülern der Menschenrechts-AG ausgetauscht. 

Anlässlich des Besuch erklärte die Ministerin:

 „Die Woche der Menschenrechte erinnert uns daran, dass auch Bildung ein solches Recht ist. Bildung ist dabei elementar wichtig, denn erst wenn Jugendliche und Erwachsene Bildung erleben, erkennen sie häufig auch, welche Rechte ihnen zustehen. Bildung ist daher nicht nur ein Recht an sich, sondern ein Schlüssel dafür, sich anderer Rechte wirksam bedienen zu können. Ein gutes Beispiel, wie dieses Wissen um die Menschenrechte vermittelt werden kann, habe ich hier auch im Austausch mit der Menschenrechts-AG am Richarda Huch Gymnasium erlebt. Hier wird unterrichtet und gelebt, wie Menschenrechte in der Schule beachtet werden können. Es ist ermutigend zu sehen, wie engagierte Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer eine Atmosphäre geschaffen haben, in der Vielfalt geschätzt und Respekt gefördert wird. Schulen wie in Krefeld sind mehr als ein Ort des Lernens. Sie sind Orte, in denen Grundwerte vermittelt und gelebt werden, um es Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, für eine bessere Welt einzustehen."

Podiumsdiskussion Russlands Krieg gegen die Ukraine – Kriegsverbrechen dokumentieren, verfolgen, verurteilen

Zum Abschluss der Woche der Menschenrechte hat Minister und Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski gemeinsam mit der Stadt Bonn zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Russlands Krieg gegen die Ukraine – Kriegsverbrechen dokumentieren, verfolgen, verurteilen“ eingeladen. 

Auf der Bühne diskutierten 

  • Duscha Gmel (Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof), 
  • Vassili Golod (Ukraine-Korrespondent der ARD) 
  • und Yevgenia Belorusets (ukrainische Schriftstellerin und Fotografin) 

über die juristische Basis für die Verfolgung von Kriegsverbrechen sowie die aktuelle Arbeit der deutschen Justiz in diesem Bereich. Gesprochen wurde auch darüber, wie Journalistinnen und Journalisten bei der Dokumentation von Kriegsverbrechen helfen können und wir sie sich in Kriegsgebieten verlässliche Informationen beschaffen. 

Moderiert wurde die Veranstaltung vom Leiter der Osteuropa-Abteilung der Deutschen Welle, Christian F. Trippe.

Das Writers-in-Exile-Programm des PEN-ZENTRUM DEUTSCHLAND

Das Writers-in-Exile-Programm ist ein Stipendienprogramm für verfolgte Autorinnen und Autoren, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert wird. Seit 1999 sind mehr als sechzig Literatinnen und Literaten Stipendiaten dieses Exil-Programmes gewesen. Bis zu drei Jahre stellt das deutsche PEN-Zentrum verfolgten Autorinnen und Autoren eine möblierte Wohnung zur Verfügung, dazu ein monatliches Stipendium. Die Kolleginnen und Kollegen vom deutschen PEN bringen sie in Kontakt mit Verlegerinnen und Verlegern in ihrer Umgebung.