
Perspektiven und Potentiale einer Europäischen Verteidigungsunion
Diskussion in der Landesvertretung beleuchtet politische, institutionelle und wirtschaftliche Wege einer europäischen Verteidigungspolitik
Am 23.06.2025 lud die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union gemeinsam mit der Europa-Union Brüssel und den Jungen Europäischen Föderalisten Belgien zur Diskussion über die „Europäische Verteidigungsunion – Perspektiven und Potentiale“ ein.
Angesichts des andauernden Angriffskriegs gegen die Ukraine und wachsender geopolitischer Spannungen rückt eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zunehmend ins Zentrum europäischer Debatten.
In seiner Begrüßung appellierte Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei, an eine gemeinsame europäische Antwort auf die veränderte sicherheitspolitische Lage. Dabei betonte er auch die Rolle Deutschlands, insbesondere mit Blick auf Nordrhein-Westfalen. NRW leiste durch seine umfassenden Industriestandorte und die geografische Lage im Herzen Europas einen entscheidenden Beitrag zur europäischen Verteidigungsfähigkeit. Ilka Wölfle, Vorsitzende der Europa-Union Brüssel und Moderatorin der Veranstaltung, verwies in ihrem Auftakt darauf, dass sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit zur Substanz des europäischen Einigungsprojekts gehöre. Eine Verteidigungsunion könne daher auch Ausdruck des politischen Integrationswillens sein.
Andrius Kubilius, Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt der Europäischen Kommission, warnte in seiner Keynote vor einer sich zuspitzenden Sicherheitslage: Russland sei durch den Krieg in der Ukraine noch stärker geworden, die Bedrohung weiterer europäischer Staaten real. Investitionen in strategische Fähigkeiten seien unausweichlich, und ein Nicht-Handeln könne der Europäischen Union letztlich teuer zu stehen kommen.
In der Diskussion trafen unterschiedliche Perspektiven aus Politik, Wissenschaft und EU-Institutionen aufeinander: Prof. Dr. Guntram Wolff (Senior Fellow bei Bruegel, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Université libre de Bruxelles / ULB) forderte eine engere wirtschaftliche Koordination: Gemeinsame Beschaffungen und ein europäischer Rüstungsbinnenmarkt könnten Effizienzgewinne schaffen und Abhängigkeiten reduzieren. Simonas Šatūnas, Kabinettschef von Kommissar Kubilius, mahnte die Mitgliedstaaten zur konsequenteren Umsetzung bereits bestehender Initiativen an und warb für mehr strategische Kohärenz auf EU-Ebene. MdEP Hannah Neumann (Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz), plädierte in dem Kontext für mehr Transparenz und demokratische Kontrolle bei den Verteidigungsausgaben – der gesellschaftliche Nutzen müsse im Zentrum stehen, nicht allein die industriellen Interessen. Minister Liminski forderte eine langfristige sicherheitspolitische Vision, die auch institutionelle Reformen, eine gemeinsame Kommandostruktur und eine stärkere Einbindung der Ukraine einschließt – bis hin zur Perspektive eines Europäischen Bundesstaats.
Trotz unterschiedlicher Akzentsetzungen waren sich die Teilnehmenden einig: Angesichts der aktuellen Bedrohungslage braucht die Europäische Union eine eigene, handlungsfähige Verteidigungspolitik. Eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit ist keine abstrakte Zukunftsvision mehr, sondern eine strategische Notwendigkeit.
Kalojan Hoffmeister, Vorsitzender der Jungen Europäischen Föderalisten Belgien, schloss die Veranstaltung mit einem engagierten Appell zur Stärkung europäischer Handlungsfähigkeit.
Dr. Kristina Wojcik, kristina.wojcik[at]lv-eu.nrw.de (kristina[dot]wojcik[at]lv-eu[dot]nrw[dot]de), Kurzwahl 871-737