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Die Wahrheit in Gefahr: „Desinformation als Herausforderung für die Demokra-tie - Erste Bilanz des Digital Services Act“

Die Wahrheit in Gefahr: „Desinformation als Herausforderung für die Demokra-tie - Erste Bilanz des Digital Services Act“

Podiumsdiskussion über Erfolge und Schwachstellen des DSA 

Am 04.03.2025 organisierte die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union im Rahmen der Veranstaltungsreihe „NRWinEU:Spotlight“ eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Wahrheit in Gefahr: Desinformation als Herausforderung für die Demokratie – Erste Bilanz des Digital Services Act“, die auf großes Interesse stieß.

Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, unterstrich in seinem Videogrußwort, dass man täglich erlebe, dass mit Desinformationskampagnen Einfluss genommen werden solle, um das Vertrauen in demokratische Institutionen und Medien zu untergraben. Mit Gegenmaßnahmen wie dem Digital Services Act (DSA) sollten nicht bestimmte Inhalte eingeschränkt, sondern grundsätzliche Regeln für Transparenz gesetzt werden. Es müsse dafür gesorgt werden, dass das Internet nicht zu einem toxischen, weil regelfreien Raum werde. Wenn nach den Regeln des Wilden Westens nicht die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren gelte, sei dort kein freier Meinungsaustausch mehr möglich. Selbst im wilden Westen habe es einen Sheriff gegeben. Um den freien Meinungsaustausch im Internet zu erhalten, müssten manipulative Verbreitungstechniken, sog. Coordinated inauthentic behaviour (CIB), bekämpft werden, so Liminski weiter. NRW setze sich deswegen für ein Verbot der Techniken ein, zu denen z.B. der massenhafte Einsatz von Bots und Fake Accounts sowie inhaltliche Fälschungen etwa durch Deep Fakes zählten. Außerdem habe die NRW-Landesregierung einen „Aktionsplan gegen Desinformation“ verabschiedet, der vorsehe, dass alle Ressorts der Landesregierung mithilfe von Regulierung, konsequenter Rechtsdurchsetzung und Präventionsmaßnahmen gegen Desinformation vorgehen. 

Birgit Hardt, stellvertretende Referatsleiterin bei der Europäischen Kommission für die Plattformpolitik, unterstrich in ihrer Keynote die bisherigen Erfolge des DAS. Sie wies darauf hin, dass seit dem Inkrafttreten vor einem Jahr bereits Verfahren gegen TikTok, Meta und X wegen Nichteinhaltung der Vorschriften eingeleitet worden seien. Der DSA sichere die Rechte von Nutzerinnen und Nutzern, indem er vor willkürlichem Entfernen von Inhalten schütze und gleichzeitig sicherstelle, dass illegale Inhalte von Plattformen gelöscht würden.

In der Podiumsdiskussion mit Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien, Lubos Kuklis, Mitglied des Teams für die Durchsetzung des DSA bei der Kommission, Constantin Gissler, Generaldirektor DOT Europe, und Moderatorin Katrin Pribyl, EU-Korrespondentin u.a. der Rheinischen Post tauschten sich die Teilnehmenden intensiv über die bisherigen Erfolge des DSA und seine Schwachstellen aus. 

Dr. Tobias Schmid betonte wiederholt, dass eine stärkere Regulierung des Phänomens Desinformation notwendig sei, um die Meinungs- und Informationsfreiheit von Nutzern zu schützen. Vor allem bei systematischen Manipulationskampagnen (CIB) müssten Online-Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden, damit Inhalte schnell entfernt werden können. Er plädierte dafür, eine Verfolgung von Desinformation durch die zuständigen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedsstaaten zu ermöglichen.

Constantin Gissler merkte an, dass das Entfernen von illegalen Inhalten durch die Plattformen bereits gut funktioniere. Anders sei das in dem Bereich der Desinformation, da hier eine Abgrenzung zwischen erlaubten und unerlaubten Inhalten schwierig sei. Es könne daher ein guter Ansatz sein, CIB als unzulässige Inhalte festzulegen. Gissler mahnte jedoch an, dass es derzeit zu früh sei, die Wirksamkeit des DSA abschließend zu bewerten. Abzuwarten seien ergänzende Legislativmaßnahmen, die erst noch zur Anwendung gelangen würden, wie etwa das Europäische Medienfreiheitsgesetz (European Media Freedom Act, EMFA). 

Lubos Kuklis präzisierte, dass die Prüfung von illegalen Inhalten in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten falle, es bei diesen jedoch leider große Unterschiede gebe, wie gut die zuständigen Behörden ausgestattet seien. Der DSA diene demgegenüber vor allem der Beurteilung und Bekämpfung von systematischen Risiken. Er verwies auch darauf, dass der DSA und seine Durchsetzung als iteratives System angelegt seien, das sich in Zusammenarbeit mit den Plattformen kontinuierlich weiterentwickeln solle.

Aus den Aussagen der Kommission ist abschließend zu entnehmen, dass eine eigene legislative Maßnahme im Bereich Desinformation derzeit nicht geplant ist.