Ministerpräsident Hendrik Wüst trifft in Rom Papst Franziskus und Italiens Außenminister Antonio Tajani
Ministerpräsident Hendrik Wüst nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit dem Papst: Für ihr positives Wirken braucht die Kirche das Vertrauen der Gläubigen, das jedoch bröckelt – das erfüllt mich mit großer Sorge
Ministerpräsident Hendrik Wüst ist am Mittwoch und Donnerstag, 22./23. März 2023, in Begleitung von Europaminister Nathanael Liminski nach Rom gereist. Am Donnerstagmorgen wurde Ministerpräsident Wüst von Papst Franziskus im Rahmen einer Privataudienz im Vatikan empfangen. Am Donnerstagmittag wurden der Ministerpräsident und der Europaminister vom Außenminister und Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Italienischen Republik, Antonio Tajani, zu einem Gespräch im Palazzo Chigi, dem Amtssitz der Ministerpräsidentin, empfangen.
Ministerpräsident Hendrik Wüst nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit Papst Franziskus: „Papst Franziskus ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Mit seinem unermüdlichen Einsatz insbesondere für Arme und Schwache gibt der Papst vielen Menschen weltweit Hoffnung. In diesen Zeiten braucht unsere Gesellschaft eine starke Kirche. Bistümer und Gemeinden der katholischen Kirche setzen sich nicht nur für Geflüchtete und Menschen in der Ukraine ein. Die kirchliche Solidarität umschließt auch die sozial Schwachen und viele einsame Menschen. Ich bin Papst Franziskus dankbar, dass er das Thema Einsamkeit und die Folgen für die moderne Gesellschaft öffentlich anspricht – ein Phänomen, das wir als Landesregierung politisch aufgreifen. Es tut unserer Gesellschaft gut, wenn die katholische Kirche und ihre Ehrenamtlichen eine bedeutsame Rolle in ihr spielen. Für ihr positives Wirken braucht die Kirche das Vertrauen der Gläubigen. Doch das Vertrauen bröckelt. Das erfüllt mich mit großer Sorge und dies habe ich auch bei meinen Gesprächen am Heiligen Stuhl deutlich gemacht.“
Der Ministerpräsident weiter: „Die Fragen, die im Zusammenhang mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Kirche entstanden sind, verunsichern viele Menschen im ganzen Land. Sexueller Missbrauch ist ein schlimmes Verbrechen an der menschlichen Seele. Der Verunsicherung müssen Aufklärung und Transparenz entgegengesetzt werden. Die Situation im Erzbistum Köln beschäftigt viele Gläubige sehr – auch mich persönlich. Natürlich war auch dies ein Thema im Gespräch mit dem Heiligen Vater. Gemeinsam mit Geistlichen und Gläubigen muss ein Weg gegangen werden, auf dem altes Vertrauen gestärkt wird und neues Zutrauen wächst. Politik und Gesellschaft dürfen den Vertrauensverlust in die Kirche nicht einfach hinnehmen. Die Kirche muss die Nähe zu den Menschen erhalten, indem sie Erneuerung zulässt. Ansonsten gerät die breite Verankerung der Kirche in unserer Gesellschaft in Gefahr. Das darf nicht passieren. Es war mir ein Anliegen, bei dem Austausch im Vatikan auf diese Sorgen aufmerksam zu machen.“
Beim Besuch im Vatikan begab sich die Delegation aus Nordrhein-Westfalen auch zur Grabstätte des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Krypta des Petersdoms. Ministerpräsident Hendrik Wüst legte einen Kranz am Grab des verstorbenen emeritierten Papstes nieder.
Im Gespräch mit dem italienischen Außenminister Antonio Tajani unterstrich Ministerpräsident Hendrik Wüst die Bedeutung Italiens als Schwerpunktland für Nordrhein-Westfalen: „Zwischen Italien und Nordrhein-Westfalen bestehen auf persönlicher, zivilgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene enge Beziehungen, die wir weiter vertiefen möchten. Italien ist ein wichtiger Partner und Verbündeter in Europa, dessen Stimme Gewicht hat. Wir stehen vor großen Herausforderungen, die wir gemeinsam am besten meistern können. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat deutlich gemacht, wie wichtig eine entschlossene EU-Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist.“
Europaminister Nathanael Liminski: „Wir wollen die Zusammenarbeit mit Italien an den großen Zukunftsthemen vertiefen. Was wir mit unserer Partnerregion Piemont im regionalen Maßstab unternehmen, gilt auch im größeren Rahmen. Für eine nachhaltige Gestaltung der Energie- und Wasserstoffversorgung Zentraleuropas kann Italien als Drehscheibe eine zentrale Rolle spielen. Wir wollen auch die damit verbundenen Chancen für die Zusammenarbeit mit den Ländern des afrikanischen Kontinents ergreifen. In der Debatte um die Fortentwicklung der EU-Migrations- und Asylpolitik brauchen wir faire und solidarische Lösungen, damit nie mehr wieder ein EU-Land damit alleine gelassen wird. Europa wurde – auch von Italien – als Wertegemeinschaft gegründet. Dieser Verantwortung füreinander und in der Welt können wir nur gemeinsam gerecht werden.“
Bereits am Mittwoch hatten Ministerpräsident Hendrik Wüst und Europaminister Nathanael Liminski sich mit dem Bürgermeister von Rom, Roberto Gualtieri, ausgetauscht. Themen des Gesprächs im Palazzo Senatorio, dem Rathaus der Stadt, waren unter anderem die Integration Geflüchteter und die nachhaltige Transformation der Wirtschaft.
Als persönlicher Gast des Ministerpräsidenten nahm die Leiterin der Adolph-Kolping-Hauptschule im Kölner Stadtteil Kalk, Daniela Deters, an der Reise und auch an der Audienz bei Papst Franziskus teil. Sie und ihr 50-köpfiges Kollegium engagierten sich seit langem vorbildlich für die Integration von Kindern aus vielen verschiedenen Ländern, so der Ministerpräsident. Er sei sehr dankbar dafür, was bei der Integration von Kindern aus der Ukraine und aus vielen anderen Ländern geleistet werde. Der Ministerpräsident würdigte Daniela Deters stellvertretend für alle Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, die in den vergangenen Jahren große Herausforderungen zu bewältigen hatten und haben.
Beziehungen Nordrhein-Westfalen – Italien
Italien ist ein wichtiger Partner für Nordrhein-Westfalen. Mit einem Handelsvolumen von 23,8 Milliarden Euro (2021) ist Italien auf Platz sieben der Handelspartner Nordrhein-Westfalens. Rund 400 italienische Tochterunternehmen mit 16.400 Beschäftigten sind in Nordrhein-Westfalen niedergelassen. Über 140.000 Italienerinnen und Italiener sind hier beheimatet – und damit jeder vierte in Deutschland lebende Italiener. Seit Februar 2022 pflegt Nordrhein-Westfalen eine Partnerschaft mit der italienischen Region Piemont. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind die Themen Künstliche Intelligenz, Wasserstoff, autonomes Fahren und Landwirtschaft. Zwischen Nordrhein-Westfalen und Italien gibt es aktuell 17 Städtepartnerschaften, darunter Köln mit Turin, Unna mit Pisa und Oberhausen mit Iglesias.
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