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Wahlen und Medien: „Der Kampf gegen Desinformation und Informationsmanipulation“

Wahlen und Medien: „Der Kampf gegen Desinformation und Informationsmanipulation“

Dritte Veranstaltung im Rahmen der Veranstaltungsreihe „NRWinEU: Spotlight“

Die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union veranstaltete am 07.03.2024 eine Diskussion zu dem Thema „Wahlen und Medien: Der Kampf gegen Desinformation und Informationsmanipulation“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „NRWinEU:Spotlight“.

In seiner Begrüßungsrede betonte der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen Nathanael Liminski, dass Desinformationskampagnen schon lange vor Wahlen beginnen, ihre Wirkung aber unmittelbar vor ihnen besonders verheerend sein könne. Aus dem Grunde bedürfe es Instrumente wie den Digital Services Act – und Prävention. Darauf setze der kommende Aktionsplan gegen Desinformation der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

In der Podiumsdiskussion ging es zunächst darum, was eigentlich unter „Desinformation“ zu verstehen sei. Dazu erklärte der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW Dr. Tobias Schmid, dass eine genaue Definition des Begriffs „Desinformation“ schwierig sei. Darunter fielen jedenfalls manipulierte Informationen in Form von Identitäts-, Inhalts- und Relevanztäuschung mithilfe von Technologien. Insbesondere bei dieser Art von Desinformation sehe er die Notwendigkeit, gegen sie vorzugehen. 

Sabrina Spieleder von der Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie der Europäischen Kommission hob hervor, dass man, wenn man über Desinformation spreche, über absichtliche Aktivitäten spreche. Deswegen liege der Fokus bei der Bekämpfung von Desinformation auch nicht auf dem Inhalt an sich, sondern den dahinterstehenden Manipulationstaktiken. Das spiegele sich auch in der europäischen Definition von Desinformation als „Ausländische Informationsmanipulation und Einflussnahme“ wider. 

In Hinblick auf die anstehenden Europawahlen berichtete Spieleder, dass nach einem Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes über vergangene Wahlen unmittelbar vor diesen die Verbreitung von Desinformation zunehme. Einig waren sich die beiden Diskutanten darüber, dass Desinformationskampagnen permanent geführt würden und dass die Kommission sowie die Mitgliedstaaten sie deswegen kontinuierlich, auch unabhängig von Großereignissen, bekämpfen müsse, beispielsweise durch Regulierung.

In Deutschland stelle zum einen der Grundsatz journalistischer Sorgfalt ein wichtiges Mittel zur wehrhaften Demokratie dar, auch wenn eine Adaption an neue Formen des Journalismus in sozialen Netzwerken erforderlich sei, so Schmid. Zum anderen sei der Rechtsgrundsatz der Staatsferne von Medien, nach dem durch einen Staat finanzierte Medien in Deutschland keine Lizenz erhalten würden, ein bedeutendes Instrument. Er sprach insoweit eine Empfehlung an die Kommission aus, diesen auch auf EU-Ebene einzuführen, um Desinformationskampagnen effektiver als z.B. mit Sanktionen entgegentreten zu können. Zudem appellierte er an die Kommission, eine Einhaltungspflicht des „Code of Practice on Disinformation“ einzuführen.

Spieleder betonte, dass auch auf EU-Ebene Strategien entwickelt würden, um gegen Desinformation vorzugehen. Ein wichtiger erster Schritt sei stets, sich ein „Lagebewusstsein“ zu verschaffen, um herauszufinden, durch welchen Akteur mit welchen Instrumenten am besten reagiert werden kann. Zudem beschäftige sich die EU mit der Resilienzbildung als langfristiges Mittel, beispielsweise in Form von Medienkompetenzförderung, strategischer Kommunikation, Unterstützung von unabhängigem Journalismus und Kooperation mit Faktenprüfern. Außerdem verfüge die Kommission mit dem kürzlich in Kraft getretenen Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) nun über ein Regulierungsmittel mit zwingenden Konsequenzen, das somit über den lediglich selbstregulierenden „Code of Practice on Desinformation“ hinausgehe. Hinzu kämen diplomatische Möglichkeiten der Kommission wie öffentliche Statements und Sanktionen.

Bei Präventionsmaßnahmen in Hinblick auf Desinformation sind nach Schmid drei Aspekte unabdingbar: Zum einen die Förderung der Vielfalt des Journalismus – man müsse aktiv daran arbeiten, Standorte für Journalisten attraktiv zu machen. Der beste Schutz gegen Manipulation durch Desinformation bestehe darin, es zu ermöglichen, eine Vielzahl an Meinungen entstehen zu lassen. Wichtige Faktoren seien zudem die Stärkung der klassischen Medienkompetenz sowie die herausgehobene Auffindbarkeit von sog. Public Value Inhalten. Plattformen müssten daran arbeiten, dass sich die Sichtbarkeit der journalistischen Inhalte nicht nur nach der Reichweite des Mediums richte.

Spieleder führte aus, dass seitens der EU mit dem Gesetz zur künstlichen Intelligenz (AI Act) bereits ein auch in Hinblick auf die Desinformationsbekämpfung weiteres wichtiges Instrument geschaffen wurde. Für die Zukunft gelte es, herauszufinden, wie nationale Instrumente der Mitgliedstaaten mit denen der EU und deren Partnern effektiv verknüpft werden können.

Kontakt

Dr. Kristina Wojcik

kristina.wojcik[at]lv-eu.nrw.de (kristina[dot]wojcik[at]lv-eu[dot]nrw[dot]de)

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