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Mehr Medienkompetenz, schärfere Regulierung und effektivere Rechtsdurchsetzung

Mehr Medienkompetenz, schärfere Regulierung und effektivere Rechtsdurchsetzung

Minister Liminski: Wir wollen Desinformation eindämmen und Radikalisierung frühzeitig bekämpfen

07.02.2025

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen treibt ihre Maßnahmen zur Eindämmung von Desinformation und Bekämpfung von Radikalisierung im Netz weiter voran. Hierzu stellte Medienminister und Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski am Freitag, 7. Februar 2025, den Stand der Umsetzung der im Nachgang zur Terrortat von Solingen angekündigten Maßnahmen vor.

Minister Nathanael Liminski erklärt dazu: „Mit unseren Maßnahmen für mehr Medienkompetenz, schärfere Regulierung und effektivere Rechtsdurchsetzung vertiefen wir unsere Anstrengungen der letzten Jahre und geben Antworten auf neue Formen von Desinformation und damit einhergehender Radikalisierung.“

Leitfaden für die dauerhafte Implementierung und kohärente Abstimmung von entsprechenden Maßnahmen soll der in der Landesregierung abgestimmte „Aktionsplan gegen Desinformation“ sein, den das Kabinett zeitnah beschließen wird.

Maßnahmenpaket mit drei Säulen

Der Aktionsplan steht im Zusammenhang mit dem umfassenden Maßnahmenpaket, das die Landesregierung unmittelbar nach dem Messeranschlag von Solingen im August 2024 beschlossen hat. Es besteht aus den drei Säulen Sicherheit, Migration und Prävention. „Wir stärken unsere Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Terror, bringen Migration Ordnung und Humanität in Einklang und gehen neue Wege der Präventionsarbeit“, sagt der Minister und Chef der Staatskanzlei Liminski.

Gemeinsam mit Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM NRW), informierte Minister Liminski die Mitglieder der Landespressekonferenz in Düsseldorf über die Präventionsarbeit des Landes und der LfM NRW im Medienbereich. Minister Liminski: „Wir wollen die Medienkompetenz stärken, wirksame Regeln schaffen und geltendes Recht effektiv durchsetzen. Dieser Dreiklang leitet uns in unserer Arbeit.“

Bessere Medienkompetenz

„Unser Ziel ist, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger die großen Vorteile der digitalen Kommunikation nutzen und zugleich souverän mit ihren Risiken umgehen können“, so der Minister. Zu diesem Zweck hatte der Haushaltsgesetzgeber dem Land zusätzlich 1,4 Millionen Euro bereitgestellt, um bestehende Initiativen zu verstärken und neue zu entwickeln.

Das Leitprojekt in der Medienkompetenzförderung bleibt der #DigitalCheckNRW. Er bietet Bürgerinnen und Bürgern eine kostenlose und niedrigschwellige Möglichkeit, ihre Medienkompetenz zu testen und Fortbildungsangebote zu finden. Der #DigitalCheckNRW kann inzwischen auch in Englisch, Russisch, Türkisch und Arabisch absolviert werden. Alleine 2024 gab es über eine halbe Million Besuche auf der Seite, mehr als 150.000 Mal wurde der Selbsttest durchgeführt. Das inhaltliche Angebot wird kontinuierlich ausgebaut. So wird es 2025 spezielle Online-Workshops zum Beispiel zum Thema Islamismus-Prävention, Desinformation, Demokratiestärkung oder rechtsextremen Strategien geben.

Speziell an Lehrerinnen und Lehrer richtet sich der NewscheckNRW, um sich im Bereich Medienkompetenz fortzubilden. Minister Liminski: „Im Rahmen des Solingen-Pakets haben wir ein neues TikTok-Modul freigeschaltet. Das Wissen über Mechanismen und Wirkung von TikTok und Social Media insgesamt gehört in Medienkompetenzprojekte in der Schule. Nicht selten fühlen sich Lehrkräfte bei dem Thema überfordert. Hier schaffen wir jetzt sehr konkrete und leicht anwendbare Abhilfe.“

Gamification als Schlüssel zur jungen Zielgruppe

Darüber hinaus setzt das Land beim Schutz vor Radikalisierung auf die Hilfe von Computerspielen. Minister Liminski: „Wir gehen dahin, wo wir die junge Zielgruppe erreichen. Unsere Erfahrung mit dem Computerspiel ‚Leons Identität‘ zeigt uns, wie gut das durch Gamification gelingt.“ Das Prävention-Spiel gegen Rechtsextremismus wurde bislang rund 85.000 Mal heruntergeladen.

500.000 Euro stehen nun bereit, um anknüpfend an „Leons Identität“ gemeinsam mit dem Verfassungsschutz ein Computerspiel zu entwickeln, das die Gefahren von islamistischer Radikalisierung besonders in den Blick nimmt. Zudem hat das Land die Mittel der Film- und Medienstiftung NRW für die Serious Games-Förderung um 500.000 Euro erhöht, sodass hierfür insgesamt eine weitere Million Euro zur Verfügung stehen.

Effektive Durchsetzung von Recht

Als ein Schlüsselinstrument in der Bekämpfung von Desinformation hat sich das Tool KIVI bewiesen, das von der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) entwickelt wurde. Dieses KI-gestützte System durchsucht große Datenmengen im Netz, identifiziert rechtswidrige Inhalte in sozialen Netzwerken und unterstützt die Strafverfolgung. Aufgrund der aktuellen Gefährdungslage wird das Tool nun erweitert, um auch Inhalte auf Englisch und Arabisch effektiver erfassen zu können. Die Staatskanzlei unterstützt das Vorhaben finanziell, um eine schnelle Umsetzung zu gewährleisten.

Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, sagt: „Demokratie lebt von Meinungsvielfalt und ihr Schutz erfordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von allen demokratischen Institutionen sowie den Einsatz moderner Technologien. In Nordrhein-Westfalen wird nicht nur Deutsch gesprochen – dem muss auch die Medienaufsicht gerecht werden. Mit der Ausweitung unseres KI-Tools schützen wir auch Menschen, die arabische und englische Inhalte nutzen, vor Desinformation und extremistischen Inhalten. Wir bedanken uns bei unserer Landesregierung für ihre Unterstützung.“

Minister Liminski ergänzt: „KIVI ist eine Erfolgsgeschichte. Andere Länder in Deutschland übernehmen es ebenso wie Nachbarstaaten. Mit der Fähigkeit, auch englisch- und arabischsprachige Inhalte zu analysieren, wird die Schlagkraft dieses Werkzeugs weiter erhöht. In diesen Zeiten ist wirksame Rechtsdurchsetzung auch mithilfe der modernsten technischen Hilfsmittel nötiger denn je. Wir müssen illegale Inhalte im Netz konsequent bekämpfen. Die Landesanstalt für Medien NRW und die Landesregierung ziehen hier an einem Strang. Die Erfahrungen aus dem entschlossenen Vollzug bringen wir auch in die Regulierung ein. So werden wir uns dafür einsetzen, dass Vereinsverbote künftig eine ausreichende rechtliche Grundlage für ein Verbot entsprechender Internetangebote sein können. Ebenso wollen wir in Brüssel erreichen, dass das Durchsuchen von Internetangeboten nach verbotenen Inhalten durch KI-Anwendungen künftig nicht mehr von der Zustimmung der Anbieter abhängt.“

Wirksamere Regeln

Ziel der Landesregierung ist die Nachschärfung und bessere Durchsetzung des Digital Services Act der Europäischen Union. Die Europaministerkonferenz der Länder hat dazu auf Initiative von Nordrhein-Westfalen im vergangenen November einen entsprechenden Beschluss gefasst und an die EU-Kommission übermittelt. Minister Liminski ist zu diesem Thema auch persönlich auf die zuständige EU-Kommission-Vizepräsidenten Henna Virkkunen zugegangen, zeitnah wird es auch auf Arbeitsebene einen vertiefenden Austausch geben.

Hierzu sagt der auch für Europaangelegenheiten zuständige Minister: „Die Hoffnung der Politik auf Erkenntnis, Empathie und Engagement seitens der Plattformbetreiber wurde enttäuscht. Statt vor allem auf Selbstregulierung zu setzen, müssen wir nun restriktivere Wege gehen. Ein Verbot kann in der liberalen Demokratie dabei nur letzte Ausfahrt sein. Weil es um unsere Kinder und Demokratie geht, muss das aber eine Option bleiben. Eine Regulierung muss gleichzeitig auch gesellschaftlich akzeptiert werden. Ich bin bereit, rechtlich wirksame und verhältnismäßige Alternativen zu entwickeln. Aber die Plattformbetreiber müssen ihre Verantwortung anerkennen. Europa stellt einen Markt von 450 Millionen Nutzern dar und ist für Kommunikationsunternehmen weltweit attraktiv. Wir sollten den Anspruch haben, in Europa unsere Regeln durchzusetzen – so, wie es die USA für sich und ihren Markt im Übrigen auch in Anspruch nehmen. In unserer Rechtskultur ist Freiheit nicht grenzenlos, sondern hat mit Verantwortung zu tun. Wer das nicht akzeptiert und mit Fairness und Transparenz ein Problem hat - der soll in Europa künftig Grenzen aufgezeigt bekommen. Dazu habe ich der zuständigen EU-Kommissarin Vorschläge gemacht und werde weitere machen. Wir stehen erst am Anfang eines voraussichtlich schwierigen Weges.“

Minister Liminski wird neben dem Austausch mit der EU-Kommission hierzu auch zeitnah mit fachlich zuständigen Mitgliedern des Europäischen Parlaments zum Austausch zusammenkommen. Zudem macht Nordrhein-Westfalen die Regulierung von Plattformen und Portalen und den entsprechenden Vollzug zum Thema in der Rundfunkkommission der Länder.